Die Wirtschaftsprüferkammer – eine Kammer für alle Mitglieder – wirklich alle?
Ausgrenzung
Kategorie: Beiratswahlen | WPK
Datum: 22.09.2022

Rund 160.000 von 400.000 Stimmen haben keine Vertretung im WPK-Vorstand.

von Regina Vieler
Mitglied im Beirat der WPK und Mitglied im Vorstand von wp-net e.V.

Die Wirtschaftsprüferkammer ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, die als Berufsorganisation die Angelegenheiten aller Mitglieder selbständig verwaltet – genau genommen organisieren sich WP/vBP selbst, um u.a. die Belange des Berufsstands mitzugestalten. Eine ihrer herausragenden Aufgaben ist es, die berufspolitische Meinungsbildung zu fördern und zu koordinieren.

Sehen so Sieger aus?

40 % der Wähler, die wp-net gewählt haben, sind im Vorstand der Wirtschaftsprüferkammer nicht mehr vertreten. Die IDW-nahe Dörschell-Liste und die Listen der BIG4 haben mit einer konzertierten Aktion durchgesetzt, keine Vertreter von wp-net in den Vorstand zu wählen. Sie sehen sich als Wahlsieger?

Ohne jeden Skrupel haben sie Berufskollegen in den Vorstand gewählt, die weniger als 1,0 % der wahlberechtigten Stimmen erreicht haben. Einer der Vizepräsidenten erreichte 0,36 % der abgegebenen Stimmen. Sehen so Sieger aus?

Werden wirklich alle Gruppen beteiligt?

Schon Anfang August 2022 teilte der jetzige Präsident der Wirtschaftsprüferkammer Herr WP StB Andreas Dörschell nach einem von ihm durchgeführten Abgleich der Programmpunkte mit, dass er außer der Zusammenführung der Berufsbezeichnungen WP/vBP keine Gemeinsamkeiten mit den gewählten Vertretern von wp-net, und damit auch keine Basis für eine Zusammenarbeit im Vorstand sieht.

Die Kammersatzung fordert aber in § 8 (3), dass die Beiratsmitglieder in Kenntnis des Verhältnisses der im Beirat vertretenen Interessengruppen aus ihrer Mitte 13 Vorstandsmitglieder wählen. Damit sollte nach dem Willen der Väter dieses Wahlrechts dafür Sorge getragen werden, dass die verschiedenen in den Beirat gewählten Interessengruppen bei der Wahl des Vorstandes Berücksichtigung finden.

Nach diesem Grundsatz hätten mindestens 5 Vertreter von wp-net in den WPK-Vorstand gewählt werden müssen!

Größenklassen oder Interessensgruppen?

In seinem Begrüßungsschreiben vom 05.09.2022 schreibt Herr Dörschell als neuer Präsident: “Der Vorstand repräsentiert alle Praxisgrößen. Neben neun Mitgliedern von kleinen und mittleren Praxen sind auch die vier größten Wirtschaftsprüfungsgesellschaften („Big Four“) vertreten.”

So erfreulich es auch sein mag, dass auch Einzel-WPs im Vorstand vertreten sind, eine Auswahl der Größe nach ist keine zutreffende Auslegung des Begriffs „Interessengruppe“. Nicht alle gleich großen Kanzleien verfolgen auch gleiche Interessen. Wenn dem so wäre, dann wäre mit einem Vertreter der BIG4 im Vorstand der Wirtschaftsprüferkammer deren Interessen bereits Genüge getan!

Diese Auslegung der Kammersatzung von Herrn Dörschell ist schlichtweg falsch.

Die Kammer braucht eine gesunde Diskussionskultur, gerade im Vorstand. § 8 Abs. 3 der Kammersatzung hat die Interessensgegensätze erkannt: Ohne spiegelbildliche Vertretung aller Interessengruppen im Vorstand kann die Selbstverwaltung ihren gesetzlichen Auftrag nicht erfüllen.

Es sollte nicht in der Macht der Listen liegen, im Wege einer konzertierten Aktion die Vertreter von 40 % der Wählerstimmen wegen konträrer Programmschwerpunkten von einer Beteiligung im Vorstand auszuschließen – so hätten wir gedacht und sie tun es trotzdem!

Mit dem Ausschluss von wp-net-Kandidaten für die Wahl in den WPK-Vorstand haben die Vertreter der Dörschell- und Big4-Listen eine weitreichende Entscheidung getroffen: Für mich wurde damit die Einheit des WP-Berufsstands aufgekündigt.

Ihre Regina Vieler


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Bildnachweis: CalypsoArt/Shutterstock

wp-net Team
Author: wp-net Team

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