Positive Fehlerkultur – Ein Quantensprung bei der Fehlervermeidung
Fehlerkultur
Datum: 06.04.2023

Aus aktuellem Anlass heute mal wieder ein Beitrag zum Thema Fehlerkultur! Die neue EY-Leitung hatte noch im Juni 2021 im Spiegel als Erkenntnis aus 10 Jahre Wirecard-Prüfung eine Umerziehung ihres Prüfungspersonals angekündigt. Nun schaut die Sache wohl ganz anders aus. Ganz aktuell, im März 2023, erschien eine EY-Studie zur Fehlerkultur.

Es freut uns sehr, dass sogar eine Big4-Gesellschaft erkannt hat, dass nicht Umerziehung, sondern Fehlerkultur die Lösung sein muss, um die Prüfungsfehler zu vermeiden. wp-net hat insbesondere die Fehlerkultur schon 2022 zu einem Wahlkampfthema gemacht.

Mit der Fehlerkultur kann eine Organisation aus dem Kreislauf sich immer wiederholender (Prüfungs-) Fehler ausbrechen. Bei EY herrschte bis vor kurzem eine Verdrängungsstrategie. Eine Einsicht haben wir bisher nicht erkennen können. 

Das Bessere ersetzt das Gute

Die Fehlerkultur vermindert Fehler, erhöht die Honorare und schafft auf Dauer glaubwürdige Testate. Mächtige Gegner setzen jedoch der Fehlerkultur zu: Nicht nur der selbsternannte “WPK-Wahlsieger 2022” und spätere WPK-Präsident Andreas Dörschell hat für die Fehlerkultur der WPK und im WP-Berufsstand nichts übrig. Sondern auch 80 % Prozent der Führungskräfte in der Finanzwirtschaft (darunter wohl auch die Wirtschaftsprüferbranche) verschweigen ganz oder teilweise ihre Fehler, so die EY-Studie. 

Neuer Lockruf für die Fehlerkultur

Die Erkenntnisse aus der EY-Studie müssten bei allen Wirtschaftsprüfern doch der Lockruf schlechthin zur Einführung einer Fehlerkultur sein: 

Die Fehlerkultur steigert die Profitabilität, die Innovationskraft und die Qualität. 

Ein Wundermittel also! Preiswerter als die Berufsaufsicht und wirksamer als alle Sanktionsinstrumente. Dazu muss man auch mit Vorurteilen zur Fehlerkultur aufräumen. Bei fahrlässigen Fehlern gibt es keine Verfolgung und es gibt auch kein Prangersystem. Die Kommunikation der Fehler ist wichtig und nicht die “Fehlerproduzenten”. Auch die Wirtschaftsprüferkammer muss einsehen, dass Menschen Fehler machen. Darüber zu schweigen, produziert Katastrophen. Jeder kommunizierte Fehler erhöht die Qualität des Testats.

Die Fehlerkultur lebt von der Fehleranalyse

Wir schließen unseren erneuten Aufruf zur Fehlerkultur mit Gedanken ab, wie in der gesetzlichen Abschlussprüfung die Fehlerkultur realisiert werden könnte. Die Fehleranalyse besteht:  

  • aus der Fehlerprävention: Wie können die Fehler in der Zukunft vermieden werden? 
  • aus dem Fehlermanagement: Wenn der Fehler doch passiert, wie können die Auswirkungen vermieden werden?

Die Abschlussprüfung unter dem Diktat der Fehlerprävention 

Es gilt den Prüfern klarzumachen, dass es die Verstöße gegen unsere sechs Berufspflichten sind, die relevant für unsere Fehlerkultur sind (in § 43 Abs. 1 Unabhängigkeit, Verschwiegenheit, Gewissenhaftigkeit, Eigenverantwortlichkeit und Unparteilichkeit und in Abs. 4 WPO die kritische Grundhaltung). Verstöße gegen diese Berufspflichten müssen als Fehler gemeldet werden. Um die Fehler abzustellen, muss der Prüfer diese Fehler kennen. Dazu dürften auch Schulung erforderlich sein.

Indem der WP-Berufsstand sich anonymisiert über die Fehler informiert, besteht kein Konflikt mit der Verschwiegenheit.

Wie kommen die Prüfer an die Fehler?

Unser Vorschlag: Die Abschlussprüferpraxen müssen die Fehler erkennen, beurteilen, sammeln und einmal jährlich anonymisiert an eine der zuständigen Institution melden. Da seit 2016 jährlich eine Nachschau pro verantwortlichem Prüfer zu machen ist, sollten die aufgedeckten Fehler ebenfalls unter die Meldepflicht fallen.

Die Fehler sollten einer oder mehreren Berufspflichten zugeordnet werden. Beispiel aus dem Wambachbericht: „Der Prüfer hat bei den ausstehenden Prüfungsnachweisen zwei Tage vor Testatsdatum (5.4.17) im Wesentlichen nur Erklärungen des Vorstands verwendet (Tz 116)“. In diesem Fall liegt unserer Meinung nach ein Verstoß gegen die kritische Grundhaltung und die Gewissenhaftigkeit vor.

Welche Institutionen sind zuständig? 

Wir halten die APAS und die WPK für die richtige Stelle. Handelt es sich um Prüfungsfehler im PIE-Bereich, dann sollte die APAS die Fehler sammeln, auswerten und dem Berufsstand im geschützten Bereich zur Verfügung stellen. Für die übrigen Fehler sollte die WPK zuständig sein. Für den Anfang halte ich diesen Kreis ausreichend. Weitere Fehlermeldungen, z.B. bei Gutachten, würde die Einrichtung der Fehlerkultur im Prüfungsbereich erschweren.

Wer überwacht die Meldung an die Institutionen?

Wir schlagen für die Überwachung der Fehlermeldungen die Einrichtungen Qualitätskontrolle (WPK) und Sonderuntersuchung (APAS) vor.  

Ausblick – Machen wir auch die Fehlerkultur zu einem Osterfest 

Beenden wir gemeinsam mit der Fehlerkultur den Kreislauf der wiederkehrenden Fehler. Dies wäre dann eine besondere Art der Auferstehung.

Das Ziel für die Abschlussprüfung muss sein, dass die Prüfer mit den vielen Infos über die Fehler, eine Verkettung von Fehlern rechtzeitig unterbinden können. Damit bleibt der Bestätigungsvermerk sauber und die Erwartungslücke muss nicht mehr als Ausrede dienen.

Wir wünschen uns, dass das Osterlicht allen Entscheidungsträgern in der Abschlussprüfung die Einsichten geben wird, wie EY sie in ihrer Studie beschrieben hat.

Frohe Ostern und ein paar entspannte Frühlingstage. 


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Bildnachweis: Marish/Shutterstock

Michael Gschrei
Author: Michael Gschrei

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