Kritische Gedanken zur Beitragspolitik der WPK
Betrug
Kategorie: WP in den Medien | WPK
Datum: 19.05.2023

Nach einer kurzen Pause kommt heute mit Herrn WP StB RA Holger Friebel wieder ein Mitglied von wp-net zu Wort. Herr Friebel beleuchtet heute die Beitragspolitik der WPK und lässt uns an seinen kritischen, zum Teil auch humoristischen Gedanken teilhaben.

Die Leser unserer Newsletter wissen: Die Gerechtigkeit der Kammerbeiträge ist schon lange ein Thema bei wp-net und war auch eines unserer 10 Ziele im Wahlkampf 2022.

Gerechte Beitragsordnung noch in weiter Ferne?

Mit dem jetzigen WPK-Vorstand werden wir keine gerechte Beitragsordnung erhalten. Das entnehmen wir der Beurteilung der wp-net-Wahlprogramme durch den WPK-Präsidenten Andreas Dörschell. Dies wird uns jedoch nicht davon abhalten, weiter für die Beitragsgerechtigkeit zu kämpfen.

Es gehört schon viel Fantasie dazu, die “Außenwirkung der externen Qualitätskontrolle den nicht prüfenden Wirtschaftsprüfern als Vorteil” anzudichten, wie dies WPK-Präsident Andreas Dörschell gegenüber wp-net getan hat.

Wenn Sie die Argumente unseres Kollegen Holger Friebel teilen, freuen wir uns sehr über Ihre Rückmeldung.

Ich wünsche Ihnen viel Lesefreude mit der nachdenklichen, zum Teil humoristischen und ironischen Analyse der Beitragsgerechtigkeit der Wirtschaftsprüferkammer.

Gedanken zur Beitragspolitik der Wirtschaftsprüferkammer

von Holger Friebel
Mitglied bei wp-net e.V.

Alle Mitglieder der Wirtschaftsprüferkammer zahlen den gleichen Beitrag. Das hört sich erstmal solidarisch und gerecht an. Bliebe nur noch die Frage zu klären, ob die Ermittlung des Beitrags aufgrund einer Handelsbilanz sinnvoll ist. Da aber ein großer Kostenblock im Kammerhaushalt nur noch einem Teil der Kammermitglieder zugutekommt, muss auch die Frage nach einer gerechten Verteilung der Beitragslast gestellt werden.

Denn eine Aufgabe der Kammer ist die Durchführung der Qualitätskontrolle bei den Mitgliedern, die Unternehmen prüfen, die nicht im öffentlichen Interesse stehen, weil sie keine gesetzliche Prüfung von Jahresabschlüssen kapitalmarktorientierter oder gar börsennotierter Unternehmen durchführen.

Letzter Nutzen für Nicht-Abschlussprüfer 2016 weggefallen

Im Jahr 2016 wurde die freiwillige Qualitätskontrolle ersatzlos gestrichen. Mit dieser Möglichkeit von der Kammerleistung zu profitieren, wurde vorher die Kostenumverteilung auf alle Mitglieder gerechtfertigt. Wer keine Pflichtprüfungen nach §§ 316 FF HGB durchführt, wird seitdem weiter zur Kasse gebeten, obwohl er keinerlei Nutzen mehr hat.

Der Kostenblock (die minimalen Erlöse aus der Qualitätskontrolle bereits verrechnet) beträgt lt. Spartenrechnung 2022 ca. 13 von Hundert der gesamten Kammerkosten. Knapp ein Fünftel der Kammermitglieder ist als gesetzlicher Abschlussprüfer zugelassen. Von den übrigen 80 von Hundert prüft der größte Teil auch, allerdings ohne „eigene“ Lizenz, sondern als Mitarbeiter einer gelisteten Wirtschaftsprüfungsgesellschaft. Insgesamt führen ca. 60 von Hundert aller natürlichen Personen unter den Kammermitgliedern gesetzliche Jahresabschlussprüfungen (mit und ohne eigene Lizenz) durch. Die übrigen 40 %, also ungefähr 7.000 Mann, dürfen ohne Gegenleistung für die Qualitätskontrolle mit bezahlen. Wegen der fehlenden Gegenleistung liegt rechtlich eher eine – wohl unzulässige – Steuer, als ein Beitrag vor.

Gedanken für eine gerechte Beitragsordnung

Wenn man nun darüber nachdenkt, aus den Kosten der Qualitätskontrolle eine Gebühr zu machen, dürfen Sie nur diejenigen treffen, die als Abschlussprüfer zugelassen sind, bzw. daraus einen Vorteil ziehen können. Dafür sind grundsätzlich verschiedene Modelle denkbar.

Wird die Belastbarkeit als Umlagekriterium verwendet, müsste jeder gelistete Abschlussprüfer seine Umsätze aus gesetzlichen Abschlussprüfungen der Kammer mitteilen und die Umsatzrelationen werden für die Verteilung verwendet.

Daneben ist vorstellbar, die Umlage nach der Anzahl der in der WPK verkammerten Berufsträger, die beim gelisteten Abschlussprüfer mitarbeiten, zu erheben. Dabei stellt die Anzahl der Berufsträger eine Schätzung für den Umsatz dar. Diese Zahl ist bekannt, weil sie jedes Jahr im Tätigkeitsbericht genannt wird.

Eine andere Schätzgröße für den Beitrag stellt die schlichte Anzahl der vom gelisteten Abschlussprüfer durchgeführten gesetzlichen Pflichtprüfungen dar.

Alle drei Methoden haben Vor- und Nachteile. Die Umsatzerfassung ist gerecht, aber aufwendig, da diese Zahlen erst erhoben werden müssen. Die beiden anderen Methoden haben den Charme, dass die Anzahl der mitarbeitenden Kammermitglieder aus dem Tätigkeitsbericht und die Anzahl durchgeführter Jahresabschlussprüfungen aus der Durchsicht der Kammer bereits heute bekannt sind. Jedoch stellen sie nur Näherungswerte für die Zielgröße Umsatz dar. Bei den Mitgliedern wäre dann noch die Frage zu klären, wie ein unterjähriger Wechsel gewichtet wird und wie mit den hyperaktiven Kollegen, die bei zwei oder mehr Abschlussprüfern als Mitarbeiter gelistet sind, verfahren wird.

Dringender Handlungsbedarf besteht!

Daneben ist auch die eingangs gestellte Frage, ob eine Handelsbilanz für die Bemessung von Beiträgen geeignet ist, noch zu klären. Eine Handelsbilanz soll den betrieblichen Werteverzehr darstellen. Das Anlagevermögen soll am Ende der Nutzungsdauer verbraucht sein. Durch die (verdiente) Abschreibung ist die Kammer in der Lage, die nun notwendige Ersatzbeschaffung aus den liquiden Mitteln zu tätigen. Freilich ist hier die weitere Frage aufzuwerfen, ob dann nicht von einer pagatorischen Rechnung auf eine wertmäßige – ähnlich wie bei der Kostenrechnung – umzustellen ist.

Falscher Werteverzehr als Grundlage einer gerechten Beitragserhebung ungeeignet

Wird der Werteverzehr richtig abgebildet, kommt es zu einer gerechten Beitragserhebung. Unterstellt man die gewählte Nutzungsdauer für unser Kammergebäude in der Berliner Rauchstraße als richtig, so müsste es bereits in wenigen Jahren, wenn es vollständig abgeschrieben ist, vollends verbraucht sein und einstürzen. Im Kammergebäude sieht man noch einige Vorsichtige mit Maske herumlaufen, aber keinen Mitarbeiter mit Helm. Der wäre zumindest aufgrund der bilanziell drohenden Einsturzgefahr schon längst bei den Vorsichtigen angesagt. Das liegt wohl daran, dass das Kammergebäude mitnichten in den noch verbleibenden drei Jahren verbraucht sein wird.

Die Abschreibungsdauer ist mit 25 Jahren viel zu kurz angesetzt worden. Dies hat den Effekt, dass eine Generation nicht nur den eigenen Werteverzehr am Gebäude durch ihre Beitragsleistung zu ersetzen hat, sondern auch schon im Vorgriff den Verbrauch durch die kommenden Generationen. Deren Beitrag wird in späteren Jahren ohne Abschreibung des von ihnen genutzten und damit weiter abgenutzten Gebäudes ermittelt.

Wieso finanzieren wir diesen künftigen Generationen, die wir nicht kennen und bei Zugrundelegung einer realistischen Nutzungsdauer von 100 Jahren auch nicht kennenlernen werden, ein Gebäude? Also besteht auch bei der Nutzungsdauer Handlungsbedarf!

Wie konnte es zu der viel zu kurzen Nutzungsdauer kommen?

Einmal erinnert die Zahl von 25 Jahren stark an den im Anschaffungszeitpunkt geltenden § 7 EStG. Für die Steuerpflichtigen gilt, die Nutzungsdauern möglichst kleinzuhalten, damit die Abschreibungen möglichst hoch sind und die Steuern erst weit in der Zukunft anfallen. Mit einer generationsgerechten Beitragserhebung hat das nichts zu tun. Aber weil die Zahl aus dem Tagesgeschäft der Steuerberatung in allen Köpfen ist, klingt sie erstmal plausibel. Und der Vorstand häuft liquide Mittel an, die ihm das Wirtschaften erleichtern. Finanzielle Fehlentscheidungen werden weniger schnell sichtbar, da die Zahlungsfähigkeit der Kammer über Gebühr erhalten bleibt. Die Kalamitäten aus dem hohen Bestand an liquiden Mitteln wie fehlende Verzinsung, Verwahrentgelt oder Abschreibungen auf Finanzanlagen sind dagegen betragsmäßig als gering einzustufen. Im Zweifel sind sie in der nächsten Erfolgsrechnung als Aufwand Bemessungsgrundlage für den neuen Beitrag. Der Vorstand ist in der Lage, den neuen Beitrag ohne Außenwirkung, wie sie eine außerordentliche Sitzung des Beirats zur Beschlussfassung über einen Nachschuss erzielen würde, ins nächste Jahr zu verschieben.

WPK-Jahresabschluss seit Jahrzehnten von Unterbewertung gekennzeichnet!

Was macht der Abschlussprüfer der Kammer? Auch die Unterbewertung der Aktiva führt grundsätzlich zur Nichtigkeit des Jahresabschlusses. Für das Aktienrecht ist die Nichtigkeit in § 256 Abs. 5 AktG geregelt. Für den Fall der Wirtschaftsprüferkammer muss davon ausgegangen werden, dass der derzeitige Abschlussprüfer dem Berufscredo „Brennt Dir selbst kein besseres Licht, so nimm doch den Vorjahresbericht!“ folgend die Nutzungsdauer ungeprüft bei seiner Erstprüfung übernommen hat. Wir werden ihn zu seiner Motivation am Festhalten der offensichtlich viel zu kurzen Nutzungsdauer bei nächster Gelegenheit fragen!

wp-net-Arbeitskreis „Beitragserhebung in der Wirtschaftsprüferkammer“

Aufgrund des vorstehend skizzierten Handlungsbedarfs, hat sich wp-net entschlossen, einen Arbeitskreis „Beitragserhebung in der Wirtschaftsprüferkammer“ einzusetzen, der sich nicht nur wie vorstehend auf qualitativer, sondern auch auf quantitativer Ebene mit den aufgeworfenen Fragen der Beitragshöhe und seiner Verteilung unter den Kammermitgliedern befasst.

Ich gehöre diesem Arbeitskreis an und werde mich an dieser Stelle wieder mit den ersten Ergebnissen melden.

Diplom-Kaufmann Holger Friebel
Wirtschaftsprüfer, Steuerberater Rechtsanwalt

Hier können Sie sich diesen Newsletter auch als Videocast ansehen und -hören:

Ungerechte WPK Beitragsordnung. wp.weekly 19.05.2023.


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Bildnachweis: FotoDuets/Shutterstock

Holger Friebel
Author: Holger Friebel

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