Fortsetzungsreihe: Folgen aus der Prüfung der Nachhaltigkeitsberichte …
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Kategorie: WP in den Medien | WPK
Datum: 23.06.2023

 

Die Prüfung des Nachhaltigkeitsberichts (NB) schiebt die Marktbereinigung an! Dies trifft insbesondere dann zu, wenn der dt. Gesetzgeber die Vorschläge von IDW/WPK aufgreift. Beide verlangen die Prüfung als Vorbehaltsaufgabe für die Abschlussprüfer. wp.net (und auch andere) möchten diese NB-Prüfung auf die WPs/vBPs und unabhängige Erbringer von Bestätigungsleistungen übertragen. IDW und WPK sprechen die geplante Vertreibung der Abschlussprüfer nicht an und schwadronieren lieber von erreichbaren Entwicklungspotentialen aller WPs.

Big4-Marktbeherrschung ist das Gegenteil von Qualitätssteigerung

Für das IDW ist die NB-Prüfung am besten bei den Wirtschaftsprüfern aufgehoben. Was zunächst einmal gut klingt. Zur Begründung führt das IDW die damit verbundene integrierte Berichterstattung über finanzielle und nachhaltigkeitsbezogene Informationen an. „Dazu wird prüfungsspezifisches Fachwissen benötigt und eine qualitätssichernde Infrastruktur. Diese Voraussetzungen werden ausschließlich vom APr und anderen Wirtschaftsprüfern (WP) erfüllt.“

Dieser behaupteten Eignung steht – gerade bei den Big4-Prüfern – deren prüferisches Versagen in der Vergangenheit und Gegenwart im Wege. Beispiele sind u.a. die EY-Wirecard-Prüfungen, der erst jüngst in Australien aufgedeckte PWC-Steuerleck-Skandal, die EY-Betrügereien in den USA bei den Fortbildungsprüfungen oder die Prüfer- und Berichtsmängel, die ab 2008 zur Finanzkrise geführt haben. Der Auszug aus dem Sündenregister deutet unserer Meinung nach nicht auf eine qualitätssichernde Infrastruktur hin.

Das Tandem IDW/WPK wirft sich anscheinend gegenseitig die Lobby-Bälle zu

So verwundert es auch nicht, dass deren Forderungen deckungsgleich sind. Wie das IDW, so fordert auch die WPK die Prüfung der Nachhaltigkeitsberichterstattung allein dem Abschlussprüfer zu übertragen. Würden andere unabhängige Erbringer von Bestätigungsleistungen auch Prüfen dürfen, „würde sich dies nachteilig für das zu prüfende Unternehmen auswirken“. Als Beispiel werden Probleme wegen der Koordinierung der erforderlichen Abstimmungen untereinander genannt. Dies würde zu höherem Aufwand führen. Unbegründet bleibt auch die Aussage, warum eine Konzentrationsförderung drohen könnte, wenn der APr das Urteil nicht abgeben darf.

Wir meinen:

Gerade das IDW/WPK-Modell wird die Zahl der Abschlussprüfer in Mittelstand/Einzelpraxen stark dezimieren und die Konzentration fördern.

Die Big4-Werbung lautet zusammengefasst: Die WP/vBPs sind die geborenen Nachhaltigkeitsprüfer. Keinen Gedanken verschwenden IDW/WPK darauf, den Mittelstand/Einzelpraxen aufgrund der hohen Anforderungen und Kosten Lösungen anzubieten. Sie warten anscheinend auf den Prüfer-Rückzug.

Wer mag die WPK-Annahme glauben, dass sich alle bisherigen Abschlussprüfer vertieft in das Thema der Nachhaltigkeitsprüfung einarbeiten werden? Dieser „Schmäh“ erinnert an die IDW/WPK-Versprechungen 2000: Um vom Mittelstand und Einzelpraxen die Zustimmung zur voreiligen Einführung der Qualitätskontrolle zu erhalten, wurde auf die großen Vorteile der Qualitätskontrolle hingewiesen. Das Gegenteil ist bekanntlich eingetreten! So wird es auch bei der NB-Prüfung sein. Viele der kleineren Praxen werden das Prüfungsfeld verlassen müssen. Dies allein ist die Folge der Verknüpfung der Abschlussprüfung mit der Nachhaltigkeitsprüfung. Wegen Nichtübernahme der Nachhaltigkeitsprüfung fliegt folglich der WP auch als Abschlussprüfer aus der Jahresabschlussprüfung.

Der verkappte Prüferausschluss im Lichte der EU-Grundrechte-Charta?

In der Vorbehaltsaufgabe der NB-Prüfung ist der Prüferexodus enthalten. Hat das EU-Parlament und der Rat bei ihrer EU-RL 2022 das Berufsverbot als Abschlussprüfer als Folge bewusst in Kauf genommen? Wir kommen zu dem Ergebnis: Die IDW/WPK-Vorbehaltslösung verstößt gegen Art. 15 Abs. 1 der EU-Charta. In die Charta wurde das Grundrecht der Berufsausübung aufgenommen: „Jede Person hat das Recht, zu arbeiten und einen frei gewählten oder angenommenen Beruf auszuüben.“ Mit solchen Lösungen wäre die Grundrechte-Charta nur noch Makulatur.

IDW/WPK-Prüfer-Vertreibung im Lichte des Grundgesetzes

Die Verknüpfung der Abschlussprüfung mit der Vorbehaltsaufgabe für die Prüfung des Nachhaltigkeitsberichts führt zur objektiven Prüfungsbeschränkung des Abschlussprüfers. Der APr muss sich den weiteren Zulassungsmaßnahmen der Nachhaltigkeitsberichtsprüfung unterwerfen, die weder die EU-Richtlinie 2014, noch die WPO vorsehen.

Die in der EU-RL genannte Anbindung der Nachhaltigkeitsprüfung an die JAP ist nach dem GG nur zulässig, sofern sie zur Abwehr nachweisbarer oder höchstwahrscheinlicher schwerer Gefahren für ein überragend wichtiges Gemeinschaftsgut zwingend geboten ist. Dieses partielle Berufsverbot dient jedoch der Prüfervertreibung und muss als Missbrauch gedeutet werden. Da es nämlich nicht erforderlich ist, dass diese Prüfung nur vom Abschlussprüfer durchgeführt wird. Der Gesetzgeber kann wählen und muss sich nicht IDW/WPK unterwerfen.

Mit der Verknüpfung der beiden inhaltlich unterschiedlichen Prüfungen zu einer JAP mit Nachhaltigkeitsprüfung handelt es sich um eine objektive und nachlaufende Zulassungsbeschränkung für Abschlussprüfer. Eine weitere Verschärfung der Marktbereinigung folgt im zweiten Schritt. Sobald die gesamte Lieferkette in die Nachhaltigkeitsberichtserstattung mit aufgenommen wird, werden fast alle gesetzlichen Abschlussprüfungen davon betroffen sein.

Was ist zu tun?

Die deutsche Regierung hat es in der Hand, den Prüfermarkt für die Prüfung der NB zu öffnen. Tut sie dies nicht, dann serviert sie dem Big4-Oligopol zig-tausende „zusätzliche Kunden und Kundinnen auf dem Silbertablett“. Wenn die Erhöhung der Anzahl der Abschlussprüfer Qualität und Akzeptanz der Abschlussprüfung bedeutet und damit der Stärkung des Vertrauens in den Kapitalmarkt dient, hat die Dezimierung der Abschlussprüfer wohl den gegenteiligen Effekt.

Wir meinen:

„Wer Prüfungsqualität will, darf den Größenwahn nicht fördern. Denn die Großen fressen die Kleinen.“

 

 


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Bildnachweis: maxsattana/Shutterstock

 

 

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Author: wp-net Team

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