WP StB Achim Dörner zur Notwendigkeit der Wissensauffrischung
Interview_Dörner
Kategorie: Aktuelles | Seminare
Datum: 16.03.2023

wp-net hat 2021 mit WP StB Achim Dörner eine Seminarreihe zu den Aufstellungs- und Haftungsrisiken gestartet, die sehr gut angenommen wurde. Seither hat Herr Dörner bereits zweimal sein umfassendes Fachwissen zum neuen Sanierungsrecht an den WP/vBP-Berufsstand weitergegeben. 

In diesem Jahr findet sein Seminar am Dienstag, 25.04.2023 statt. Vorab hat uns Achim Dörner fünf Fragen zum Seminarinhalt beantwortet.

wp.net: Das StaRUG ist nach zwei Jahren aus den „Windeln“ heraus. Wird StaRUG von den Betroffenen auch als Frühwarnsystem (§ 102) wahrgenommen bzw. praktiziert? Hat sich in der Rolle der beiden Begriffe „Überschuldung“ und „Zahlungsunfähigkeit“ etwas geändert?

Achim Dörner: Mein Eindruck ist, dass die Praxis immer noch sehr mit diesem Thema kämpft. In der Hektik des Tagesgeschäfts scheint dieser Aspekt des Risikomanagements bei vielen Kollegen noch zu kurz zu kommen. Denn obwohl sich an den Begrifflichkeiten zur Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung nichts Grundlegendes geändert hat, hat der Gesetzgeber im Detail doch Anpassungen vorgenommen. Um aber z.B. die temporäre Verkürzung des Prognosezeitraums für die Überschuldung von 12 auf 4 Monate bis Ende 2023 richtig einordnen zu können, müssen wir in der Tiefe das Konzept der Überschuldung verstehen.

Mehr zu den Antworten in unserem Seminar.

wp-net: Welche Themen muss der Abschlussersteller oder Prüfer im Arbeitsauftrag immer dabeihaben, also abarbeiten?

Achim Dörner: Man kennt ja die wesentlichen Erfolgsfaktoren von Immobilieninvestitionen, die sprichwörtlichen „drei L der Immobilie“, nämlich die „Lage, Lage und Lage“. So etwas gibt es auch in der Krise des Mandanten: Nur heißen die „drei L der Unternehmenskrise“ eben „Liquidität, Liquidität und Liquidität“. 

Warum das so ist und wie wir damit in der Praxis umgehen, besprechen wir im Seminar.

wp-net: Haben sich die Beraterpflichten des StaRUG seit letztem Jahr geändert? Sind weitere Pflichten durch Rechtsprechung hinzugekommen? Ist die Pflichtenlage des Beraters im Seminar ein Thema?

Achim Dörner: Im ersten Schritt ist es notwendig, zu verstehen, was rechtlich erforderlich ist. Das reicht aber nicht aus! Viel wichtiger ist das betriebswirtschaftliche Handwerkszeug, um in der Praxis damit umzugehen. Und darüber hinaus wollen wir dann noch aus der Not eine Tugend machen. Daher werden wir besprechen, wie die Berater mit wenig Aufwand zusätzliche Geschäftsfelder erschließen können.

Die Pflichtenlage wird nicht nur besprochen, sie ist der zentrale Ausgangspunkt für das gesamte Seminar.

wp-net: Spielt die Geschäftsmodellanalyse, -prüfung eine Rolle bei der Krisenberatung?

Achim Dörner: Am Zusammenbruch der Silicon Valley Bank innerhalb weniger Tage haben wir gesehen, wie schnell beispielsweise eine mangelhafte Fristenkongruenz (langfristiges Vermögen kurzfristig finanziert) zur Existenzbedrohung führen kann. Krisenberatung muss immer ganzheitlich erfolgen und alle Komponenten der VFE-Lage in den Blick nehmen. Nur durch eine integrierte Unternehmensplanung kann aufgezeigt werden, welche Handlungsspielräume bestehen. Für die Vergabe von Krediten in der Krise fordern Kapitalgeber daher auch routinemäßig, dass eine solche Planung erstellt und plausibilisiert wird. Zu diesem Zweck muss der Berater im ersten Schritt das Geschäftsmodell des Unternehmens analysieren und verstehen, um dieses dann in eine finanzielle Planung „übersetzen“ zu können. Nicht selten werden bei diesem Prozess dem Mandanten die finanziellen Schwachpunkte des Geschäftsmodells vor Augen geführt. Das ist dann der Startpunkt für die Ableitung und Umsetzung geeigneter Maßnahmen.

wp-net: In welchem Segment der VFE-Lage stecken die größten Risiken beim Mandanten in der Krise? Bewusst wird die Krise dann, wenn die Kasse leer ist (Vermögenslage), aber dann ist es kein Fall mehr für Sanierungsberater, oder?

Achim Dörner: In einem Punkt muss ich allerdings widersprechen: Selbst wenn die „Kasse leer“ ist, ist noch längst nicht aller Tage Abend. Zum Beispiel können durch Sofort-Maßnahmen im Umlaufvermögen neue Mittel freigesetzt und so der notwendige Spielraum für außergerichtliche Verhandlungen mit Kapitalgebern geschaffen werden. Das Sanierungsrecht bietet außerdem einige Möglichkeiten, auch in einer solchen Situation das Unternehmen zu erhalten und auf neue Beine zu stellen – ob nun im Rahmen einer Eigenverwaltung oder eines Restrukturierungsverfahrens.

wp-pnet: Herzlichen Dank für die Antworten, lieber Herr Dörner. Die Notwendigkeit einer Wissensauffrischung haben Sie uns deutlich vor Augen geführt.


wp-net Team
Author: wp-net Team

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