wp.weekly: GebO ist eine Frage des Wollens und nicht des Könnens!
Beitragsbild_Gebührenordnung
Kategorie: Aktuelles | WPK
Datum: 15.12.2023

In regelmäßigen Abständen erinnern wir unseren Berufsstand an die unumgängliche Notwendigkeit einer Gebührenordnung (GebO) für die hoheitliche Aufgabe des gesetzlichen Abschlussprüfers. In einem unserer November-weeklys haben wir zahlreiche positive Auswirkungen einer solchen Gebührenordnung hervorgehoben, u.a.: 

  • Die GebO stärkt die Unabhängigkeit der Prüfer. 
  • hat nachweislich positive Auswirkungen auf die Qualität der Abschlussprüfungen
  • Sie fördert einen fairen Wettbewerb, schützt damit die Mehrheit der Prüfungsunternehmen, und 
  • schafft Fairness und Gleichheit im Prüfungsmarkt, da alle zu prüfenden Unternehmen ähnliche Gebühren entrichten.

Bereits 2005 betonte Prof. Peemöller in seiner ersten Auflage “Bilanzskandale” die entscheidende Rolle einer GebO für den Abschlussprüfer im Kampf gegen Bilanzdelikte. Diese Forderung wird auch in der aktuellen dritten Auflage 2020 unverändert aufrechterhalten. Peemöllers zentrales Credo lautet: “Eine qualitativ hochwertige Prüfung hat ihren Preis. Der Honorarverfall, der zweifelsohne zu einem Verlust an Prüfungsqualität führt, macht die Einführung einer verbindlichen Gebührenordnung zwingend erforderlich.”

Heute präsentiert unser wp.net-Beiratssprecher den ersten Teil eines Grobgerüsts für eine Gebührenordnung, die auf langjähriger Expertise und der gemeinsamen Überzeugung basiert: Die Sicherstellung einer angemessenen Vergütung ist ein wesentlicher Eckpfeiler der Integrität und Qualität in der Abschlussprüfung.

wp.weekly

 


 

Genug der Argumente für die Gebührenordnung!
Unsere Gedanken zum Inhalt einer GebO

von WP StB RA Holger Friebel
Sprecher der wp-net-Beiräte in der Wirtschaftsprüferkammer

Bei wp-net wurde ein Arbeitskreis gebildet, der sich nach der Frage nach Sinnhaftigkeit auch mit der Ausgestaltung einer solchen GebO beschäftigt. Gegenstand der Untersuchungen im Arbeitskreis ist das sachgerechte Entgelt für die gesetzliche Prüfung eines Einzelabschlusses.

Bei der Ausgestaltung sollten komplexe Modelle vermieden werden. Die daraus resultierende „Ungerechtigkeit” steht in keinem Verhältnis zum Mehraufwand für die Überprüfung der Einhaltung der Regelungen. Eine Erkenntnis aus 2013, als ein aufwendiger Lösungsversuch nicht angenommen wurde. Auch die damalige Etikettierung als „Qualitätssichernde Entgeltregelung“ erhöhte die Komplexität, wodurch viele Beiratsmitglieder zum Nein in der Abstimmung bewogen wurden.

Die Steuerberatervergütungsverordnung (StBVV) hat uns gezeigt, dass die Vergütung für eine Jahresabschlusserstellung durchaus mit den Größen „Bilanzsumme“ und Jahresleistung ermittelt werden kann. Die StBVV beweist zudem, dass eine GebO, die gerade nicht den Kunden, sondern den Anwender schützt, sehr erfolgreich sein kann.

Während das RVG der Anwälte den Rechtsratsuchenden schützt, soll die StBVV den Berater schützen. Der StB soll zutreffende Erklärungen anfertigen können, damit die Finanzverwaltung weniger Arbeit bei der Veranlagung und mit Einsprüchen hat. Dadurch wird das Abstraktum „Steueraufkommen” geschützt. Dies ist mit der Situation am Abschlussprüfermarkt vergleichbar. Denn hier soll das Abstraktum „Kapitalmarkt” durch die GebO geschützt werden.

Da die drei Größen “Umsatz“, “Bilanzsumme” und “Arbeitnehmeranzahl” bei jeder Prüfung festgestellt werden müssen, bieten sich diese drei Größen auch grundsätzlich für eine Aufwandsabschätzung an. Nach dem Dafürhalten des Arbeitskreises ist lediglich die Definition der Bilanzsumme in zwei Punkten abzuändern, während die beiden anderen Größen unverändert übernommen werden können.

Gemäß § 267 HGB wird von der Bilanzsumme ein „Nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag” abgezogen. Das wird dem Mehraufwand des Prüfers für den Risikofall, den dieser Posten im Regelfall darstellt, nicht gerecht. Dieser Posten muss der Bilanzsumme nach § 267 HGB wieder hinzugerechnet oder von der ausgewiesenen Bilanzsumme erst gar nicht abgezogen werden.

Es mag legitim sein, die Bilanzsumme durch das Wahlrecht, die erhaltenen Anzahlungen von den Vorräten offen abzusetzen, zu vermindern, um die Erleichterungen in Aufstellung, Prüfung und Offenlegung einer weniger großen Gesellschaft in Anspruch nehmen zu können.

Diese Kürzung ist für Zwecke einer GebO ebenfalls ungeeignet. Die unfertigen Erzeugnisse sind immer ein risikoreicher und auch mit sehr hohem Arbeitsaufwand verbundener Bilanzposten (Inventurbeobachtung, Bewertungsprüfung, Drohverlustrückstellung). Die erhaltenen Anzahlungen der Aktivseite müssen der Bilanzsumme wieder hinzugerechnet werden, um den mit den unfertigen Erzeugnissen verbundenen Arbeitsaufwand des Prüfers richtig darzustellen.

Im Ergebnis ergibt sich damit die für die Gebührenermittlung maßgebliche Bilanzsumme als Bilanzsumme iSd § 267 HGB zuzüglich des „Durch Eigenkapital nicht gedeckter Fehlbetrag” und der „offen von den Vorräten abgesetzten erhaltenen Anzahlungen“. Oder einfacher und im Ergebnis gleich: Die ausgewiesene Bilanzsumme ist um die offen von den Vorräten abgesetzten erhaltenen Anzahlungen zu erhöhen.

Der Weg zur Gesamtgebühr führt über die drei Teilgebühren für „maßgebliche Bilanzsumme“, „Umsatz“ und „Arbeitnehmeranzahl“. Erst in der Summe der drei Teilgebühren erhalten wir das Gesamthonorar. Dabei sind Bilanzsumme und Umsatz am Maßstab des § 267 HGB in etwa gleich zu gewichten und die Arbeitnehmeranzahl deutlich geringer. Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass Unternehmen, die nur aufgrund der Arbeitnehmeranzahl prüfungspflichtig sind, weil Sie entweder die Bilanzsumme oder den Umsatz für eine mittelgroße Gesellschaft nicht erreichen, auch deutlich weniger Prüfungsaufwand verursachen. Wir denken dabei hauptsächlich an Gebäudereiniger und strukturell vergleichbare Unternehmen mit vielen Teilzeitkräften.

Die GebO muss ferner als Mindestgebührenordnung ausgelegt werden, damit Prüferpraxen, die sich einen Ruf der besonders hohen Prüfungsqualität aufgebaut haben, diesen auch in den Preisverhandlungen zur Erhöhung der Gebühren einsetzen können. Hier handelt es sich in der Regel um Prüfungsnischen, wie Banken, Versicherungen, öffentliche Unternehmen, Energieversorger oder andere durch starke Regulierung gekennzeichnete Branchen. Diese Prüfer sollen nicht nur höhere Preise für Ihre Leistung fordern, sondern auch durchsetzen können.

Durch die Ausgestaltung als Mindestgebühr verbietet sich auch ein Gebührenrahmen. Letztlich führt ein Rahmen um die gewünschte Mittelgebühr nur zur Absenkung des Mindesthonorars. Und nach oben soll die GebO keine Begrenzung erfahren.
Die zu regelnden Sonderfälle, etwa Auftragserweiterungen, sind Gegenstand eines kommenden Weekly, da ein Eingehen auf alle Zusatzgebühren hier zu weit führen würde.

Das hier für die GebO vorgestellte System ist auch inflationsstabil. Denn die Gebühren steigen mit der maßgeblichen Bilanzsumme und dem Umsatz. 

Ein Vorteil, der in der Vergangenheit schon für die StBVV und das RVG gegenüber der Gebührenordnung der Zahnärzte (GOZ) festgestellt wurde. In der GOZ sind Tätigkeiten, wie etwa das Plombieren eines Zahnes, mit einer festen Gebühr versehen. Eine Frage der Zeit also, bis die Gebühr für diese Tätigkeit nicht mehr genügt. Daher wurde vom Arbeitskreis auch ein System abgelehnt, das auf Stundensätzen und Arbeitsstunden basiert. Ein ständiges Nachpflegen und Verhandeln der GebO entfällt im vorgeschlagenen System.

Der Charme dieses Konstrukts besteht aber auch darin, dass aufgrund der Anhangsangaben eine überschlägige Nachprüfung, ob die GebO eingehalten wurde, möglich ist. Eine Aufgabe für die WP-Kammer, zum Beispiel im Rahmen der Abschlussdurchsicht. Bei Auffälligkeiten können Rückfragen zum Mindesthonorar oder zur Angemessenheit der einzelnen Zusatzgebühren gestellt werden.

Es grüßt Sie

Ihr Holger Friebel
Mitglied im Beirat der WPK



Hat Ihnen der Artikel gefallen?
Abonnieren Sie unseren Newsletter und erhalten Sie die neuesten Beiträge zuerst!

Bildnachweis: Campre/Shutterstock

Holger Friebel
Author: Holger Friebel

MITGLIED
WERDEN